Politische und religiöse Stifterbilder des Berliner Patriziats - PMKB - Patrizier Marienkirche Berlin -> Politische und religiöse Stifterbilder des Berliner Patriziats

Beitragsseiten

Die Konsolsteine aus dem Blankenfeldehaus

Konsolsteine aus dem Blankenfeldehaus sind teilweise im Märkischen Museum vorhanden und bildlich überliefert (29). Es wird darum noch genauer auf die Konsolsteine aus dem Blankenfeldehaus, Spandauer Strasse 49, eingegangen. Ein Vergleich mit dem Stifterbild öffnet dem Betrachter die Augen. Auf den bildlich überlieferten Konsolsteinen sind zwei Ehepaare und eine Einzelperson dargestellt, die anhand des Stifterbildes der Blankenfelde identifizierbar sind. Auf dem Stifterbild befindet sich ein Mann, der auffällig gelocktes Haar trägt. Er ist als Bürger und Kaufmann abgebildet. Aus der Darstellungsweise, die ja Personen erkennbar machen will, ist zu entnehmen, dass hier auch von seiner Bedeutung her Wilcke Blankenfelde hervorgehoben ist. Die Locken sind eindeutig sichtbar und identifizierbar und die historische Bedeutung des Wilcke ist bekannt. Auf den Konsolsteinen findet sich nun erstaunlicherweise ein älteres Ehepaar, bei dem der Mann eine ebenso auffällige Lockenpracht trägt .

Er ist älter als auf dem Stifterbild und hat einen Bart. Es sind seit der Darstellung auf dem Stifterbild über 25 Jahre vergangen, dennoch ist die bezeichnende Haartracht weiter sein Erkennungszeichen. Es ist also davon auszugehen, dass hier Wilcke Blankenfelde und Katharina Wins dargestellt sind. Auch die Kleidung auf den Steinen spricht für diese Zeit. Der Mann des jüngeren Paares könnte sein Sohn Thomas mit seiner ersten Frau sein (30). Dafür spricht die längliche Struktur seines Gesichtes wie beim Epitaph des Thomas Blankenfelde.

Auf dem einzelnen Konsolstein könnte jener der Brüder des Wilcke Blankenfelde dargestellt sein, von dem einen Ehe nicht urkundlich belegt ist. Es könnte der Bruder des Wilcke sein, der als Domherr erkennbar ist. Sein Hut soll rot gewesen sein(31). Dies könnte auch ein Hinweis auf seinen Doktortitel sein. Er ist als der älteste Sohn hinter Paul Blankenfelde auf dem Stifterbild dargestellt.

Thomas wohnte vermutlich damals noch nicht im Blankenfeldehaus. Sein Haus am Barfüsserkirchhof, dem Friedhof der Franziskaner, verkaufte er endgültig erst 1493 an den Ritter Georg vom Stein (32). Thomas ist sicher erst nach dem Tod seiner Eltern und nach seiner zweiten Eheschließung in das Stammhaus der Blankenfelde gewechselt. Klar ist, dass die Blankenfeldes mehrere Häuser in Berlin besaßen. So besaß zum Beispiel Hans Blankenfelde ein Haus in der Jüdenstraße (33).

Konsolsteine der Armen aus dem Blankenfeldestift 

Die Konsolsteine mit den Darstellungen armer oder kranker Personen weisen auf das Haus in der Spandauer Str. 25 hin (34). Dort war auch das Blankenfeldestift, das aus der Franziskaner Armenpflege hervorgegangen war. Dafür sprechen die ausgemergelten Armen auf den Steinen, die überliefert sind. Sie haben sich im Rahmen der Armenpflege besonders um das Haus der Franziskaner in der Spandauer Strasse 25 gekümmert. Es handelt sich um das so genannte Blankenfeldestift.

H. Seyer teilt mit: “Eine andere Nachricht wiederum vermittelt, dass die Mönche ursprünglich vor dem Umzug in die Klosterstraße ein Haus in der Spandauer Straße besessen hätten (35). Dieses Gebäude existierte noch an der Stelle bis in die Reformationszeit, wo 7 arme Einwohner benannt werden. Zwischen dem privaten Blankenfeldehaus in der Spandauer Strasse 49 und dem Blankenfeldestift in der Spandauer Strasse 25 ist also genau zu unterscheiden.

Die Blankenfeldes sponserten also einen Ort, wo sie auf ihre Mildtätigkeit hinweisen wollten.  War dies wohl der alte Sitz der Franziskaner vor der Klosterschenkung? Hier soll sich das früher erwähnte Lektorium der Franziskaner befunden haben (36). Das Patriziat zeigt seine Repräsentationsbedürfnisse in aller Vielfalt im 15. Jahrhundert, wie an Beispielen der Familie Blankenfelde ausgeführt. Die franziskanische Geistlichkeit hat sehr bald den vorhandenen Stifterbildern von Blankenfelde und Hohenlohe eigene Bildwerke gegenübergestellt, in denen sie die ganze Kraft des Ordens und seiner Heiligen ins Blickfeld bringen wollte. Dazu gehört die Madonna mit Kind im Kreise der Franziskanerheiligen aus der Zeit nach 1450.Dies Bild galt lange als spätes Werk, was aber restauratorischen Untersuchungen zufolge nicht mehr zu halten ist (37).

 

 

 Madonna mit Kind

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch die von Thurneysser bearbeitete Tafel mit Stifterfiguren, die aller Wahrscheinlichkeit nach Wilke Blankenfelde und seine Frau Katharina sowie seinen Sohn Thomas auf der einen Seite und auf der anderen Seite seinen Bruder Hans mit seiner Frau Sophia am Sockel des heiligen Bernhard von Siena darstellen, alles aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, bringt die ganze Welt der Heiligen in die Franziskanerkirche zurück. So kann seit der Mitte des 15. Jahrhunderts von religiöser Seite, insbesondere von Mönchsposition her, die Interpretationshoheit bei den Stifterbildern wieder gewonnen werden. Hinzu treten die Franziskanerpatres um 1480 mit einer Darstellung einer Kreuzigung (jetzt in Berlin-Dahlem, St. Annenkirche) als Stifterpersönlichkeiten. Das liebliche Grün wie bei dem Blankenfeldebild, also keine franziskanisch düstere Malerei, verweist dennoch auf eine völlig andere Interpretation als bei der Blankenfeldetafel. Die Felswände öffnen den Blick auf Jerusalem, dessen Türme bis in den vergoldeten Himmel reichen. Der Weg von Jerusalem führt über das Kreuz zu den Franziskanerpatres. Hier wird Religion und keine Selbstdarstellung, wie im Blankenfeldebild, vermittelt. Vielleicht wollten die Franziskaner mit diesem Bild neu ihre Bedeutung hervorheben und zugleich das Blankenfeldebild in eine andere Interpretationsrichtung orientieren. Aber auch Stiftungen der Patrizier blieben in dieser Zeit nicht aus. Die Wins, die um 1480/ 90 ebenfalls in der Franziskanerkirche ein Stifterbild mit Familiendarstellung anbringen liessen (jetzt Dorfkirche Berlin–Gatow), beziehen wieder Familiendarstellung und Landschaft ein. Auffällig ist die Positionierung der Stifterfiguren wie im Bild des Thomas Blankenfelde. Allerdings finden sich hier nicht so viele Heilige.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei dem Bild der Kreuzabnahme mit Pietamotiven, das hier als „Imago Pietatis“ bezeichnet werden soll, auf dem als Stifterin eine Blankenfelde zu erkennen ist, zeigt sich im Schriftband die religiös betonte Stiftung. Dargestellt ist der vom Kreuz abgenommene Christus vor Maria mit Heiligen und Anklängen ans Pietamotiv. Die sorgfältige Figurenanordnung, die feingliedrigen Stifterpersonen vor einem landschaftslosen Hintergrund, der Lichteffekt und die konservative Traditionsübernahme erinnern an Kölner Traditionen(38). Da ein Wappen beim Stifter nicht vorhanden ist, könnte es sich um ein ausgestorbenes Patriziergeschlecht handeln. Dies ist bei der Familie Lantzsberg gegeben, deren letzter Spross urkundlich 1480 noch erwähnt ist (39). Die Rahmenbemalung mit Heiligenfiguren ist im schlesisch-böhmischen Bereich bekannt.

Der heilige Franz weist auf den Ordensgründer der Franziskaner. Dies Tafelbild ist ein Stifterbild par excellence, was hier sehr schön nachgewiesen werden kann.

 

Auch kann an diesem Bild die Stifterbildtheorie von Weckwerth (40) belegt werden.

Das Spruchband unseres Bildes erzählt von dem Wunsch nach Fürbitte zur Erlangung des Seelenheils. Sein Text lautet:

„Sieh Mensche, Gades kint ist dot.
Dat was der muder yamer groth.
Doch was des vo den sunder not
Dat ihus vergoth syn blut ßo rot.
Mensche der des (entbarme?) v(i)ulte
Bidde truwelik vor dye armen“

 


Leh überträgt für das moderne Empfinden so:

Sieh Mensch, Gottes Kind ist tot.
Das war der Mutter Jammer groß.
Doch wisse, dass für der Sünder Not.
IHUS (Jesus) vergoß sein Blut so rot.
Mensch (laß) dich des erbarmen
Und bitte getreu für die Armen.

In der Franziskanerkirche weist dieser Spruch auf die Aufgabe der Fürbitte für die Verstorbenen hin. Hier haben die Stifter zum Heil Ihrer Seelen im Fegefeuer eine Stiftung für das Kloster getan. Die Mönche hatten deshalb für die Seelen der Stifter zu beten („zu entbarmen“, also die Vergebung der Sünden und damit den Erlass der Fegefeuerstrafen zu erlangen). Damit aber der Betrachter des Bildes, also jeder Mönch oder der zuständige Geistliche, diese Aufgabe nicht vergisst, erinnern die Stifter in sehr feiner Art daran. Sehr schön wird hier der Sinn des Stifterbildes deutlich. Als Entstehungszeit sind die Jahre zwischen 1480 und 1500 vorstellbar. Der Meister des Epitaphs Wins sollte als Künstler für dieses Bild ausgeschlossen werden (41).

Drucken E-Mail